Montag, 25. Januar 2021

Auf der Jagd - Wem gehört die Natur? (2018)

https://www.imdb.com/title/tt6877798/

In ihrem Dokumentarfilm "Auf der Jagd - Wem gehört die Natur?" beschäftigt sich die Regisseurin Alice Agneskirchner mit komplexen Fragen rund um das Thema Natur: So fragt sie etwa danach, wem die Natur eigentlich gehört – den Menschen, den Tieren oder vielleicht niemandem?  Agneskirchner will außerdem herausfinden, ob es so etwas wie unberührte Natur überhaupt noch gibt. Dafür wendet sie sich dem deutschen Wald zu und zeigt, wie viele archaische Lebensräume hierzulande tatsächlich noch existieren – von den bayerischen Alpen, wo Hirsche in Ruhe grasen können, bis zu Wolfsrevieren in den Wäldern Brandenburgs. Zudem zeigt Agneskirchner, wer hierzulande das Zusammenleben zwischen Mensch und Natur regelt und wer bestimmt, wie viele Wildtiere von Jägern geschossen werden dürfen. Zu diesem Zweck befragt die Regisseurin Jäger, Förster, Waldbesitzer, Wildbiologen, Tierschützer, Bauern und Forstbeamte. 

Wolfgang Kornder, 1. Vorsitzender des Ökologischen Jagdvereines Bayern, kritisiert den Film in einer Pressemitteilung als "einseitig" und voll von "Heuchelei." Er gehe einseitig von jagdlich interessantem Wild und einer bestimmten Art von Jagd aus und vernachlässige dabei die Gemeinwohl- und Produktionsfunktion des Waldes. Der Film vertrete die Partialinteressen einer an Jagdtrophäen orientierten Jagd und stelle den Wald hintan. Der Wildbiologe Ulrich Wotschikowsky stellt in einer Reszension des Films "Falschaussagen" zur Zuständigkeit der Behörden fest und kritisiert Aussagen zu den derzeitigen Schalenwildbeständen in Bayern als Fehleinschätzung, so etwa die zu einem angeblich im Bestand bedrohten bayerischen Gamswild, namentlich durch Christine Miller. Der Film verfehle seinen selbstgesetzten Anspruch, ein Dokumentarfilm zu sein. Wotschikowsky: "Statt objektive Fakten vermittelt er einseitige, auch sachlich eindeutig falsche Botschaften." Regisseurin Alice Agneskichner habe "nicht die nötige kritische Distanz zu ihrem Stoff" und sei bei der Produktion des Films "schlecht beraten" gewesen. Auch aus naturschutzfachlicher Sicht kommt massive Kritik. So schreibt Claus Obermeier, Vorstand der Gregor Louisoder Umweltstiftung: "(…) leider führt er bei den zentralen Fragen der Ankündigung (Wem gehört die Natur? Den Tieren? Den Menschen? Oder sollte sie einfach sich selbst überlassen sein? Und gibt es sie überhaupt noch, die unberührte Natur?) in die Irre und blendet in teilweise naiver Weise fast alles aus, was in den letzten 100 Jahren dazu geforscht, geschrieben und an Fortschritten erkämpft wurde." Die Rezeption in der Presse war hingegen positiv. 

Und so darf man auch als Zuschauer berechtigt zweigeteilter Meinung sein. Natürlich geht es um die Jagd an sich und um die Frage "Wieviele Tiere dürfen geschossen werden?" und "Rechtfertigt der Abschuss den Schutz des Waldes?", usw. Doch der Film liefert darauf nur bedingt Antworten und widerspricht sich sogar selbst - ein gutes Beispiel dafür, dass Theorie und Praxis nicht oder nur schwer vereinbar sind. Weniger geht es um das Tier, hier wird der Mensch, der Jäger, thematisiert. Die Jagdkultur, das Jagen an sich. Regisseurin Alice Agneskirchner begibt sich mit zahlreichen Jägern auf die Pirsch und fängt ihr tägliche Arbeit mit der Kamera ein. Man kann neidlos anerkennen, dass dies rein optisch ein echter Hingucker ist: Natur und Jagd wurden optisch hervorragend eingefangen - dazu trägt aber auch schon die natürliche Kraft des Waldes bei. Bei der Differenzierung der Jagd hingegen kann man Defizite aufdecken und kommt ins Grübeln. Zumal einige der interviewten Jäger tatsächlich fragwürdige Aussagen abgeben, die man am liebsten unkommentiert stehen lassen möchte. Nichtsdestotrotz ist "Auf der Jagd - Wem gehört die Natur?" ein guter Dokumentarfilm. Einseitg zwar, aber dennoch sehenswert.

6,5/10

Quellen:
Inhaltsangabe: NFP distribution
Textauszüge: Wikipedia